
Ist eine Spitzen-Athletin wie Serena Williams eine überzeugende Markenbotschafterin für die trendigen Abnehm-Spritzen?
22.08.2025
Der Telehealth-Anbieter Ro ist dieser Meinung. Das 2017 in New York gegründete Unternehmen bietet auf seiner Online-Plattform Diagnose, Therapie und langfristige Beobachtung, zur Behandlung gehört unter anderem eine GLP-1 Spritze zur Gewichtsreduzierung. In einer neuen Kampagne setzt Ro auf ein prominentes Gesicht, auch wenn es im ersten Moment erstaunen mag, dass ausgerechnet eine 23-fache Grand Slam Gewinnerin mit durchtrainiertem Körper und gesunder Ernährung Gewichtsprobleme haben soll. Williams erklärt in dem Spot dazu, dass sie nach der Geburt ihrer Kinder das Gefühl hatte, ihr Körper brauche eine Unterstützung durch ein entsprechendes Medikament: "After kids, it’s the medicine my body needed". Dabei entkräftet sie die häufig geäußerten Bedenken, GLP-1 sei lediglich ein bequemer Weg, um schneller und müheloser abzunehmen.
Wie neutral die Empfehlung von Serena Williams ist, lässt sich schwer beurteilen. Schließlich ist ihr Ehemann Alexis Ohanian sowohl Vorstandsmitglied als auch Investor bei Ro. Die Familie hat also ein berechtigtes Interesse am kommerziellen Erfolg des Unternehmens.
Mit der Wahl der Protagonistin will Ro das Spektrum potenzieller Zielgruppen erweitern und deutlich machen, dass GLP-1 auch Anwenderinnen und Anwendern helfen kann, die bisher noch nicht daran gedacht haben. Zeitlich passt die Premiere des Tennis-Stars perfekt, am 24. August beginnen bei den U.S. Open in New York die Einzel.
Bei der Kampagne profitiert Ro davon, dass Telehealth-Anbieter im Unterschied zu Pharmaunternehmen auf die Warnhinweise verzichten können, die bei Kampagnen für verschreibungspflichtige Medikamente einen erheblichen Teil der Zeit in Anspruch nehmen. Telehealth-Marken können sich in ihren Spots ganz auf die Wirkung konzentrieren und müssen nicht vor eventuellen Nebenwirkungen warnen, was insgesamt eine positivere Botschaft ermöglicht.
Aus Marketingsicht könnte Serena Williams ein Tor für weitere Prominenz aus Film, Fernsehen und Sport aufstoßen. Bei GLP-1 waren die Stars bisher zurückhaltend, weil die Spritzen häufig mit übertriebenem Schlankheitswahn und exzessivem Abnehmen in Verbindung gebracht werden. Serena Williams versucht davon zu überzeugen, dass GLP-1 kein Körperkult ist, sondern ein Medikament zum Erreichen eines gesunden Wohlfühl-Gewichts. In die gleiche Richtung ging bereits ein früherer Spot mit NBA-Star Charles Barkley.
Nach einer Studie von PwC nutzen bereits zwischen 8 % und 10 % der Amerikaner die umstrittenen Abnehm-Spritzen (Wall Street Journal). Mit der leichteren Verfügbarkeit von Ozempic und Wegovy (Hersteller ist Novo Nordisk) über Telehealth-Portale dürfte sich die Verbreitung weiter steigern.
Das Gesundheitsportal Hims & Hers hat im Februar einen Super Bowl Spot geschaltet, der eine heftige Diskussion ausgelöst hat. In dem sehr offensiven Spot wurde das Übergewicht vieler Amerikanerinnen und Amerikaner angeprangert und mit beunruhigenden Bildern und Fakten belegt. Dabei suggeriert das Online-Portal, dass offiziellen Stellen und Pharmakonzernen nicht wirklich an der Lösung dieser Herausforderung gelegen ist und dass Markenprodukte überteuert sind:
"This is America. 74% of us are overweight,
and obesity leads to half a million deaths each year.
This is America. Something's broken, and it's not our bodies.
It's the system.
Welcome to weight loss in America.
A $160 billion industry that feeds on our failure.
There are medications that work,
but they're priced for profits, not patients.
This is America. This system wasn't built to help us.
It was built to keep us sick and stuck. But not anymore.
Hims & Hers offers life-changing weight loss medications.
They're affordable, doctor trusted and formulated in the USA."
Die recht wirre Bilderflut gipfelt in der selbstbewussten Behauptung "This is the future of healthcare".
Hims & Hers bietet kostengünstigere Alternativen zu Medikamenten wie Zepbound, Mounjaro, Ozempic und Wegovy an, die bequem online bestellt werden können. Die Food and Drug Administration (FDA) des Gesundheitsministeriums hat allerdings im Dezember 2024 davor gewarnt, dass solche Nachahmer-Produkte nicht auf ihre Sicherheit, Wirkungsweise und Qualität hin überprüft worden sind.